45 Tonnen für die Oper auf der Bergehalde

21. Aug 2023

Nächstes Jahr wird auf der Bergehalde Mozarts Zauberflöte zu sehen und hören sein. Eine Inszenierung, die auch Starregisseur Stefano Poda in Vorfreude versetzt.

ENSDORF Wer im beruflichen Alltag eine Oper vor 12 000 Zuschauern inszeniert, den kann nicht mehr viel beeindrucken. Dennoch ist Stefano Poda sichtlich berührt, als er auf Bergehalde Duhamel steht und sich ausmalt, wie es hier nächstes Jahr aussehen wird. Denn dann werden 45 Tonnen an Material für eine Tri- büne dort hochgefahren, wenn der Starregisseur Mozarts Zauberflöte am Saar-Polygon aufführt. Ausgedacht hat sich diesen monumentalen Aufwand der Chef von „Musik und Theater Saar“, Joachim Arnold, bekannt durch den Zeltpalast Merzig. Er und Techniker Frank Steinmetz sind natürlich dabei, wenn der aus Verona eingeflogene Poda den ungewöhnlichen Opern-Ort inspiziert. Schließlich kann e nicht schaden, einen gewissen Eindruck von dem zu gewinnen, was dort in genau einem Jahr stattfinden wird. Wo geht die Sonne unter, wie stark bläst der Wind, wie werden die Temperaturen in etwa sein? Vor allem ging es auch darum: Wo kann die schwere Tribüne aufgebaut wer- den, ohne dass sie mit Beton unterfüttert werden muss? Wo passt das auch ästhetisch? Letztlich kommen Poda und Arnold überein, dass das Opernpublikum über die Bühne hinweg aufs Polygon blicken wird und gleich noch den Sonnenuntergang miterleben darf. Beide freuen sich sehr, dass ihre Wunschposition für das Spektakel auch praktikabel ist. „Wir haben heute einen ersten praktischen Schritt gemacht“, sagt Arnold. Die Idee, gerade hier die Zauberflöte aufzuführen, stamme aus dem Jahr 2018. „Es war damals noch nicht die richtige Zeit. Die Player waren nicht unter einen Hut zu kriegen.“ Durch die Förderung mit 400 000 Euro als Leuchtturmprojekt sieht die Welt für Arnold nun anders aus. An acht Terminen werden jeweils 1500 Zuschauer die Zauberflöte sehen und hören können – dass so viele Menschen kommen, scheint für Arnold und Poda bereits eine beschlossene Sache.

„In Verona habe ich gerade die zehnte Vorstellung von Aida mit jeweils 12 000 Zuschauern gehabt“, meint Poda. Auf den Einwand, dass wir uns hier nicht an einem der bekanntesten Opern-Spielorte der Welt befinden, sagt Arnold: „Warum sollen wir uns immer so klein machen?“ Er glaube daran, dass man mit besonderen Taten die Menschen zum Kommen motivieren kann. Damit sie auch ein adäquates Hör- erlebnis bekommen, hat Arnold mit Matthias Reusch einen Professor für Audiodesign an der Hand, der unter anderem die Ludwigsburger Schlossfestspiele betreut.

„Wir werden ein Surroundsystem installieren. Das Erlebnis der Leute auf der fast runden Tribüne wird so sein, als ob sie in einem Raum sitzen. Es muss ja schließlich eine Synästhesie sein zwischen dem gewaltigen visuellen Eindruck und dem akustischen Erlebnis“, sagt Arnold. Froh sind er und Poda darüber, dass es relativ still ist auf der Halde. Die Autobahn höre man im Grunde nicht, nur ab und zu ein Flugzeug. Und was passiert, wenn es regnet? „Die Leute kriegen dann Regen-Capes. Das Orchester sitzt sowieso regensicher in einem Kubus. Nur die Darsteller müssen in den sauren Apfel beißen. Wenn es aber zu schlimm wird, müssten wir unterbrechen.“

Bei einer jüngst einberufenen Presskonferenz auf der Halde zeigte sich große Harmonie zwischen den Beteiligten. Neben Poda und Arnold waren Michael Drobniewski (RAG-Regionalbeauftragter für das Saarland), Patrik Lauer (SPD), Landrat des Landkreises Saarlouis, Jörg Wilhelmy (Bürgermeister der Gemeinde Ensdorf ) und Volker Hagelstein (Vorstandsmitglied des Vereins Bergbauerbe Saar) mit von der Partie „Das war voller positiver Energie, wie ein Klassentreffen“, sagte Arnold hinterher und lieferte gleich noch einen Vergleich. Es sei wie bei einer Party, zu der jeder etwas mitbringen möchte, damit sie gut wird. Spätestens am 1. November, so der Kulturmanager, wolle man mit dem Ticketvorverkauf beginnen. Man wuchtet viele Tonnen an Material einen Berg hoch: Klar, dass das an Werner Herzogs Film Fitzcarraldo erinnert, in dem Klaus Kinski als spinnerter Opern-Narr einen Amazonas-Dampfer über einen Berg schleppen lässt. Poda ist große Fan dieses Kinoklassikers. Wie er über die Halde schreitet und vor dem inneren Auge eine Opern-Arena entstehen lässt, das hat etwas von Kinski/Fitzcarraldo.

„Ich bin total begeistert, muss ich sagen. Ich kannte schon die Bilder, aber man muss es in echt gesehen haben“, sagt der Italiener, der recht gut Deutsch spricht. Die Zauberflöte hat der 1973 geborene Poda zuletzt vor 20 Jahren inszeniert. „Jetzt habe ich aus der Entfernung einen neuen Blick darauf.“ Warum gerade diese Oper gut an diesen Platz passen soll, erklärt Arnold so: „Die Zauberflöte ist die Verbindung zwischen Himmel und Mensch, von Mystischem und Menschlichem. Da denkt man natürlich gleich an die griechische Antike. Und da wir hier etwas ganz Ähnliches haben von der Anmutung her, dachten wir: Hier kann nur eine Oper stattfinden, die fern und losgelöst ist von schnöder Handlung und üblichem Mord und Totschlag.“

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