Arena-di-Verona-Regisseur für Halden-Oper
Das Ensdorfer Saarpolygon soll zur Kulisse für große Open-Air Opernfestspiele werden. Das vermeintlich irrwitzige Projekt nimmt Gestalt an. Der „Theatermagier” Stefano Poda wurde engagiert, dessen „Aida” gerade in der Arena di Verona Furore machte.
ENSDORF Immer schon hatte der Chef des Merziger Zeltpalastes ein gutes Händchen, wenn es un Opern-Regisseure ging. Joachim Arnold hat zwar in Merzig das Opern-Geschäft aufgegeben, produziert dort jetzt Musicals. Aber im nächsten Jahr kehrt er zurück zu seinem Lieblings-Genre, mit den ersten „Opernfestspielen” am Saar-Polygon auf der Bergehalde der ehemaligen Kohlegrube Duhamel. Sie werden von der Landesregierung durch ein Sonder-Förderprogramm als kulturtouristisches „Leutturmprojekt” mit 400 000 Euro unterstützt (die S7 berichtete).
Es klingt verrückt: Arnold wuchtet eine Freiluft-Arena den Berg hoch, „Die Zauberflöte” wird auf dem Plateau der Bergehalde gespielt.
Nur vier Wochen lang, für acht Aufführungen – eine Pop-up-Oper also. Nicht jeder in der Kulturszene sieht diese logistisch und akustisch tollkühne Unternehmung unkritisch. rEine Extravaganz, eine Luftnummer? Eben nicht, sagte Arnold bereits bei Bekanntwerden seiner Pläne: Die „Opernfestspiele” sollen ein fest etabliertes touristisches Produkt werden.„Mit der ersten Ausgabe muss klar sein, wo die Reise hin-geht, und dass wir unser Geld wert sind.” Diese Botschaft kann Arnold nun tatsächlich senden, seine „Zauberflöten-Produktion konkretisiert sich.
Zum einenstehen die Termine fest: gespielt wird zwischen dem 16. und 25. August 2024. Zum anderen
nat Arnold nun fraglos tatsächlich den „Regisseur von Weltrang” verpflichtet, den er bei Bekanntwerden seiner Pläne versprach. Das Kaninchen kann aus dem Hut – und kommt aus dem internationalen populärsten Freiluft-Opern-„Stall”, aus der Arena di Verona.
Der Name: Stefano Poda, Regisseur, Choreo-graph, Bühnenbildner und Lichtdesigner in einer Person. Im deutschen Staatstheater-Betrieb taucht Poda kaum auf, dafür international umso häufiger: Opéra de Lausanne, ungarische Staatsoper Budapest, königliche Oper Lüttich, Sao Paulo, Korea, Peking… Und letztlich eben auch die Arena di verona: Zum 100. Jubiläum hatte man ausgerechnet Poda für die „Aida” engagiert, Anna Netrebko sang die Titelrolle. Weltweit wurde das Jubiläums-Ereignis im Fernsehen gezeigt, eine Inszenierung mit optischem Wow-Effekt.
Open Air kann Poda also schon mal. Er gilt als „Theaterzauberer”, der Bühnenarchitektur, Chöre und Tänzer „skulptural” zu einer gewaltigen bewegten Gesamt-Installation verschraubt. Videos auf seiner Homepage beweisen die Bildmacht, die er zu entfachen versteht – da hat einer keine Angst vor einem Zuviel: Düsternis, Nebelschwaden, Licht-Gewitter, gigantische Kreuze. „Poda ist der Bildermagier unter den Regisseuren, ein konsequenter Meta-phoriker und Poet, der oft in enger Nachbarschaft zur Exzentrik agiert” liest man beispielsweise in Kritken. „Überwältigungstheater” nennt das Arnold und bezeichnet das Saar-Polygon als „Steilvorlage” für den Italiener, der gerne riesige optische Zeichen in seine Inszenierungen einbaut. In Ensdorf steht schon eins. “Die archaische Mondlandschaft” rund um die Landmarke ist, wie Arnold meint, für „Mickrigkeiten” und „nette Bildchen” sowieso nicht geeignet. Poda garantiere dafür, dass nichts davon dort passiere, allerdings auch kein traditionelles Theater”. Arnold schwebt „Volkstheater” vor, das sich als Gesamt-Erlebnis vermittelt und das jeder versteht. Er zieht Parallelen zur Arena di Verona: Die wenigsten der 22 000 Besucher pro Aufführung seien Opernexperten, sie hätten manchmal gar keine Vorkenntnisse, und trotzdem gelänge es, sie einen Abend lang zu fesseln und zu begeistern.…durch den Ort und die Atmosphäre”.
Ähnlich soll das 2024 am Saar-Polygon funktionieren. Der Funke muss im ersten Jahr zunächst maximal 15 000 Saarländer erreichen – nur acht bis zehn Mal wird die “Zauberföte” vor jeweils etwa 1500 Menschen laufen. Verknappung gehört ebenso zum Konzept wie die Euphorie, die das Publikum nach Hause tragen soll: Die Saar-Polygon-Opernfestsspiele, cool, nur nicht verpassen! 2025 könnte es dann schon ein Windhund-Rennen um die Tickets geben, womöglich klinken sich Kultur-Touristen aus Luxemburg oder der Zweibrücker Gegend mit ein. Der Keim für eine Verstetigung wäre dann gelegt.
Mit den Eintrittspreisen will Arnold unter 100 Euro bleiben; den Orientierungspunkt liefern dabei die Nibelungenfestspiele in Worms.
Doch was ist, wenn… Das Wetter nicht mitspielt, wie gerade passiert beim “Encore”- Straßentheater Festival”, das ebenfalls auf die Ensdorfer Halde ans Polygon wollte und absagen musste. Die Produktionen wurden verlegt, denn Regen hatte die Fahrbahn für die Zubringerbusse unbefahrbar gemacht. „Das hat keinerlei Bewandtnis für uns”, sagt Arnold, „Wir spielen am Saar-Polygon oder gar nicht. Deshalb machen wir keinen Pan B, weil der sichere Transport der Besucher eine Kernbedingung für unser Projekt ist.” Das wüssten seine Kooperationspartner – vom Landrat bis zum Ensdorfer Bürgermeister, allen voran die Flächenvermarktungsgesellschaft RAG Montan. „Wir bekommen die Zufahrtsgenehmigung für Schwerlastverkehr, wir werden eine Auffahrt haben” betont Arnold. Am
kommenden Sonntag soll es vor Ort ein Treffen aller Akteure geben, eine Art „Kick off”. Auch Stefano Poda wird daran tellenmen, der Mann furs ganz Große. Ob der auch Wind und Wetter bändigen kann? Denn so schön es auch wäre: Ensdorf ist dann doch nicht Verona, liegt nicht im „Land,
wo die Zitronen blühn” und wurde auch nicht in der Antike als Theater erbaut.